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Entscheidungen zur Lebensversicherung

Aufklärungspflichten bei fondsgebundener Lebensversicherung

Wir alle haben oder hatten sie: eine fondsgebundene Lebensversicherung. Fondsbindung bedeutet, dass die Beiträge und Prämien durch den Versicherer in Fonds investiert werden und auf diesem Wege sich das Deckungskapital zu Gunsten des VN erhöhen soll. Allerdings kann so ein Fonds natürlich auch in die Knie gehen. Oft setzt der Fonds vorher schon die Rücknahme der vom VN erworbenen Anteile aus. Und dann ist am Ende nichts mehr da. Wer aufmerksam ist, wird rechtzeitig vor der Aussetzung der Rücknahme von Fondsanteilen seine Anteile an den Fonds zurückgeben und das so realisierte Geld in einen anderen Fonds investieren. Der durchschnittliche VN macht das aber nicht, weil er sich auf seinen Versicherer verlässt, der mit dem Abschluss des Versicherungsvertrages die Prämien und Beiträge in die Fonds investiert. Und nun stellt sich die Frage nach den Pflichten des Versicherers. Hat er den VN nicht über die Möglichkeit oder konkrete Drohung der Aussetzung der Anteilsrücknahme zu informieren? Wer sein Geld nicht über eine Lebensversicherung angelegt hat, sondern in einen von einer Bank vermittelten Fonds investiert, der ist geschützt. Der BGH sagt, dass eine Bank bei Empfehlung eines offenen Immobilienfonds über die Möglichkeit einer Aussetzung der Anteilsrücknahme aufklären muss (BGH Urt. vom 29.4.2014 - XI ZR 477/12; XI ZR 130/13). Erfolgt diese Aufklärung nicht, hat der Geldanleger gegenüber der Bank ggf. Anspruch auf Schadensersatz, so der BGH. Wenn Banken zu dieser Aufklärung verpflichtet sind und auf Schadensersatz verklagt werden können, muss das auch für Versicherer gelten. Wer also eine fondsgebundene Lebensversicherung abgeschlossen hat und zwischenzeitlich erfahren musste, dass der Fonds, in den er investiert hatte, geschlossen wurde, er dort seine Anteile nicht zurückgeben konnte, sollte einmal prüfen lassen, ob er nicht zumindest in Höhe des erlittenen Prämienverlusts Schadensersatzansprüche gegenüber dem Versicherer hat.

 

Lebensversicherung auf verbundene Leben bei gescheiterter nichtehelicher Lebensgemeinschaft

Bei einer Lebensversicherung auf verbundene Leben sind Versicherungsnehmer und Versicherte die Eheleute oder Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, die sich wechselseitig ein Bezugsrecht nach dem Tode des Erstversterbenden einräumen. Daraus folgt, dass sie nur gemeinsam zur Verfügung berechtigt sind, sodass das Recht zum Widerruf einer Bezugsberechtigung nur gemeinsam ausgeübt werden kann. Wenn eine nichteheliche Lebensgemeinschaft scheitert, kann es sein, dass dieses Bezugsrecht bereits deshalb wegfällt, weil die Geschäftsgrundlage, nämlich die nichteheliche Lebensgemeinschaft, entfallen ist. Ob dem so ist, richtet sich nach Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls, insbesondere Dauer der Lebensgemeinschaft, Alter der Parteien, Art und Umfang der erbrachten Leistungen, Höhe der dadurch bedingten und noch vorhandenen Vermögensmehrung, Einkommens- und Vermögensverhältnissen. Ist die Bezugsberechtigung tatsächlich weggefallen, so kann der überlebende Ex-Partner dem Erben, z.B. dem Kinde des verstorbenen Versicherungsnehmers, nicht entgegenhalten, ihm, dem Ex-Partner, stände die Bezugsberechtigung aus der Lebensversicherung zu (BGH, Beschluss vom 14.11.2012- IV ZR 219/12).


Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung im Falle der Insolvenz

Wurde über das Vermögen eines BU - Versicherten das Insolvenzverfahren eröffnet, kann die Versicherungsleistung nicht mit befreiender Wirkung für den Versicherer an den Versicherten ausgezahlt werden, sondern die Versicherungsleistung steht dem Insolvenzverwalter zu (LG Oldenburg, Urteil vom 29.02.2012 - 13 O 1915/11).

Wie ist es aber, wenn über das Vermögen eines Versicherten das Insolvenzverfahren eröffnet ist, der Versicherte verstirbt und in der Lebensversicherungspolice als Bezugsberechtigter für die Versicherungssumme der überlebende Ehegatte benannt ist? In diesem Fall steht die Versicherungsleistung aus der Lebensversicherung nicht dem Insolvenzverwalter zu, sondern dem Bezugsberechtigten laut Police. Denn, so der BGH, die Zuwendung der Versicherungsleistung ist bereits mit der Bezeichnung des überlebenden Ehegatten zum Zeitpunkt des Abschlusses der Lebensversicherung - in der Regel also Jahre vor dem Tod - vorgenommen worden. Dieses Geschäft ist nicht anfechtbar. Das gelte sogar dann, wenn die Versicherungsleistung im Erlebensfall eigentlich dem Versicherungsnehmer zustehen soll und das Bezugsrecht des Ehegatten daran geknüpft ist, dass die Ehe mit Versicherten bei dessen Tod besteht. Gleiches gilt, wenn das Bezugsrecht für den jeweiligen, in der Police namentlich nicht benannten, Ehegatten zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten vereinbart ist (BGH, Urteil vom 27.09.2012 - IX ZR 15/12).

 

Werbung mit Überschüssen durch den Versicherer

Wirbt ein Versicherer bei Lebens- und Rentenversicherungen mit Überschusssystem mit Überschüssen aus der Vergangenheit und zeichnet sich bei Vertragsabschluss ab, dass diese Überschüsse z.B. aufgrund veränderter durchschnittlicher Lebenserwartung unwahrscheinlich bis ausgeschlossen sind, so hat er den Interessenten darüber aufzuklären. Es kommt nicht darauf an, ob dem Versicherer dies aufgrund von Mitteilungen der Aufsicht oder von Veröffentlichungen der Fachpresse konkret bekannt war, vielmehr reicht es aus, wenn ihm das aus dem gewählten Überschussmodell und der Verwendung veralteter oder unpassender Sterbetafeln resultierende Risiko bei ordentlicher Geschäftsführung bekannt sein musste (BGH Urt. vom 18.4.2012 - IV ZR 147/10, ähnlich bereits BGH Urt. vom 15.02.2012 - IV ZR 194/09). Es kommt bei Regressansprüchen des Versicherten nicht darauf an, dass gerade diese falsche Sterblichkeitsrückstellung zum Wertverfall der Versicherung geführt hat (BGH, Urt. vom 15.02.2012 - IV ZR 194/09).

 

Kann eine Lebensversicherung für einen Dritten einfach abgetreten werden?

Eine Lebensversicherung, die im Leistungsfall „unwiderruflich“ einen Dritten begünstigen soll, kann durch den VN nicht ohne weiteres wirksam an einen anderen abgetreten werden (z.B. an eine Bank). Die Abtretung ist auch dann nicht wirksam, wenn der „unwiderruflich“ Begünstigte hierüber in Kenntnis gesetzt war und schriftlich die Abtretung bestätigt hat. Es fehlt nämlich an dem ausdrücklich erklärten Verzicht des „unwiderruflich“ Begünstigten auf sein Bezugsrecht sowie an einer ausdrücklichen Zustimmung zur Abtretung. Denn an die Feststellung eines rechtsgeschäftlichen Willens, auf eine Begünstigung zu verzichten, sind strenge Anforderungen zu stellen. Dieser Wille kann nicht einfach vermutet werden.

Dies hat das OLG Hamm in seinem Urteil vom 01.04.2009 – 20 U 76 /08 so festgestellt. In dem Fall hatte der Arbeitgeber für seinen Arbeitnehmer als dessen Altersvorsorge eine Lebensversicherung abgeschlossen und diese Lebensversicherung später zur Sicherung eigener Kreditschulden an eine Bank abgetreten. Der Arbeitgeber geriet später in Insolvenz. Der Arbeitnehmer wurde selbst VN, kündigte jedoch den Versicherungsvertrag und erhielt den Rückkaufwert vom Versicherer. Dieser, der vom Rechtsnachfolger der kreditierenden Bank aus der abgetretenen Lebensversicherung in Anspruch genommen wurde, verlangte schließlich den Rückkaufwert vom Arbeitnehmer zurück und erhob Klage. Das OLG Hamm hat die Klage u.a. mit den oben stehenden Argumenten abgewiesen.