Aufklärungspflichten über Kfz-Vorschaden
Sofern ein Versicherungsnehmer weiß, dass sein Kraftfahrzeug beim Voreigentümer einen schweren Vorschaden erlitten hat, so verletzt er gegenüber seiner Kaskoversicherung seine Aufklärungspflichten, wenn er in einem Schadenfall diesen schweren Vorschaden verschweigt und statt dessen nur erklärt, das Fahrzeug sei sach- und fachgerecht repariert worden. Solche Angaben erfolgen dann „ins Blaue hinein“ und verletzen die Interessen der Kaskoversicherung, sodass die Versicherung im Schadenfall leistungsfrei ist (OLG Köln, Az.: 9 U 3/08).
Zusammenstoß mit Tieren – Kaskoversicherung
In der Kaskoversicherung sind auch Schäden versichert, die durch den Zusammenstoß mit Tieren herbeigeführt werden. Problematisch erweist sich immer wieder der Nachweis des Zusammenstoßens mit einem Tiere. Hierfür ist der Versicherungsnehmer in der Beweislast.
Das ist oft schwierig. Manchmal kann der Versicherungsnehmer nicht mal sagen, was es für ein Tier war. Behilflich sind hier Beweisanzeichen. Hierbei können Haare an Karosserieteilen ein wichtiges Indiz sein. Um diese Feststellungen zu ermöglichen und weil es sowieso zu den Obliegenheiten gehört, sollte der VN unverzüglich nach dem Unfall die Polizei und den Versicherer verständigen. Zudem sollte der VN Fotos am Unfallort vom KFZ, der Straßenumgebung und vom eventuell auf der Straße verendeten Tier machen. Das erleichtert auch dem Rechtsanwalt die Arbeit. Handyfotos reichen aus.
Sodann will der Versicherer oft nicht zahlen, weil nicht die Kollision mit dem Tiere zum Schaden geführt habe, sondern ein Ausweichmanöver das KFZ ins Schleudern brachte, das sich in der Folge überschlug. Das ist nicht generell richtig. Es kommt auf den Einzelfall an (vgl. OLG Saarbrücken, Urt. v. 26.01.2011 – 5 U 356/10 -57). So kann das KFZ allein durch die Berührung mit dem Tier ins Schleudern geraten sein. Hierfür gibt es Unfallrekonstruktionsgutachten. Auch ist es kaum zumutbar, einen Hirsch oder ein sonst größeres Tier zwingend anzufahren und auf das rettende Ausweichen zu verzichten. Voraussetzung einer solchen gemäß §§ 82, 83 VVG versicherten Rettungshandlung ist, dass der Fahrer sie ohne grobe Fahrlässigkeit für geboten halten durfte, auch wenn sie letztlich ohne Erfolg blieb. Bei einer Katze, einem Hasen oder ähnlichem Kleingetier ist das Ausweichen sicherlich nicht geboten.
“Lebloses Wildschwein” ist Tiergefahr
Auch das Überfahren eines leblosen Wildschweins, das schon länger auf der Fahrbahn liegt, bedeutet einen Zusammenstoß mit Haarwild. Die Kaskoversicherung ist daher verpflichtet den Fahrzeugschaden zu ersetzen. Aus den Fahrzeugversicherungsbedingungen ergibt sich nicht, dass solches Haarwild sich in Bewegung befunden haben muss (LG Stuttgart, Az.: 5 S 244/06).
Reh am Straßenrand
Weicht ein Autofahrer, der rechts am Waldrand ein Reh stehen sieht, nach links aus, um einen etwaigen Zusammenstoß zu vermeiden und gerät er dadurch ins Schleudern, hat die Teilkaskoversicherung den Schaden als sogenannter Rettungskostenersatz zu erstatten, es sei denn, der Autofahrer handelt grob fahrlässig. Das Gericht entschied in diesem Fall, dass das Ausweichen nach links angesichts der Gesamtsituation nachvollziehbar gewesen ist. In einer solchen Situation ist ein Ausweichen vor Wild legitim, um einen Wildzusammenstoß zu vermeiden (AG München, Az.: 345 C 3874/08).
Pkw-Brand wegen falschen Treibstoffs
Erleidet ein Versicherungsnehmer einer Fahrzeugteil- und Fahrzeugvollversicherung einen Brandschaden seines Autos wegen einer Überhitzung des Katalysators, die auf ein Betanken mit Otto-Kraftstoff statt Diesel zurückzuführen ist, steht ihm die Versicherungsleistung auf Grund der Fahrzeugteilversicherung zu. Denn das Vergreifen in der Zapfsäule beim Betanken eines Autos durch den Versicherungsnehmer stellt zumindest dann, wenn die nebeneinander liegenden Zapfpistolen noch nicht durchgehend farblich deutlich gekennzeichnet sind, kein grob fahrlässiges Herbeiführen des Versicherungsfalls dar (OLG Düsseldorf, Az.: 4 U 12/08).
Ersatznavi-Beschaffung nach Diebstahl
Einem diebstahlgeschädigten Versicherungsnehmer (hier: entwendetes Navigationsgerät) kann von der Teilkaskoversicherung nicht vorgehalten werden, er hätte sich das Ersatzgerät günstiger über das Internet besorgen können, wenn er über keinen Computer mit Internet-Anschluss verfügt. Der Kauf eines Ersatzgerätes über das Internet ist aber auch deshalb nicht zumutbar, weil dort von Personen oder gewerblichen Anbietern verkauft wird, zu denen der Käufer keinen persönlichen Kontakt hat und von denen er sich deshalb, insbesondere in Bezug auf ihre Seriosität, kein Bild machen kann. Zudem kann er den Kaufgegenstand vor Kaufvertragsabschluss zumeist nicht in Augenschein nehmen, es sei denn, der Verkäufer befindet sich zufällig in der Nähe seines Wohn- und Aufenthaltsortes (AG Düsseldorf, Az.: 27 C 5601/08).
Versicherungsschutz für stillgelegte Fahrzeuge
Auch stillgelegte Fahrzeuge genießen den vor der Stilllegung vereinbarten Versicherungsschutz. Wenn der Versicherungsnehmer das versicherte Fahrzeug außer Betrieb gesetzt hat, etwa wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten oder wegen Erreichung der mit dem Leasinggeber vereinbarten Gesamtlaufleistung, und beabsichtigt er, das Fahrzeug zu einem späteren Zeitpunkt wieder zuzulassen, wird der Versicherungsvertrag durch die Stilllegung nicht beendet. Vielmehr geht der Versicherungsvertrag mit der durch die Zulassungsstelle mitgeteilten Außerbetriebsitzung in eine beitragsfreie Ruheversicherung über.
In dieser Zeit ist der Versicherungsnehmer natürlich verpflichtet, das Fahrzeug vereinbarungsgemäß auf einem umfriedeten und abgeriegelten Gelände aufzubewahren, da er sonst im Falle des Diebstahls keine oder nur eine stark gekürzte Kasko – Versicherungsleistung erhält. Wenn er jedoch das versicherte und stillgelegte Fahrzeug von einem Autohaus aufbewahren lässt, das KFZ dort allerdings gerade nicht auf einem umfriedeten und nicht abgeriegelten Gelände steht, und wird es dort gestohlen, ist allerdings dem Versicherungsnehmer die den Versicherungsbedingungen gerade nicht entsprechende Aufbewahrung des Fahrzeuges durch das Autohaus nicht zwangsläufig anzulasten (LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 29.03.2012 – 8 O 2729/11).
Verweigerung der Kaskoleistung wegen Brandschadens am Auto rechtmäßig?
Kommt es beim nachträglichen Einbau von elektrischen Anlagen in ein Kfz (z.B. Musikverstärker) zu einem Brand, weil eventuell durch einen falschen Batteriekontakt ein Kurzschluss ausgelöst wird, ist der Kaskoversicherer nicht von vornherein berechtigt, die Versicherungsleistung zu verweigern. Denn es kommt nicht nur darauf an, dass die Anlage objektiv mangelhaft eingebaut wurde, sondern der mangelhafte Einbau muss dem Versicherungsnehmer auch bekannt gewesen sein. In jedem Falle trifft den Versicherer die Darlegungs- und Beweislast nicht nur für das Vorliegen objektiver Umstände für eine Gefahrerhöhung, sondern auch für die Kenntnis des Versicherungsnehmers (VN) von diesen Umständen. Dass der VN die Mangelhaftigkeit des Einbaus seines Musikverstärkers und anderer Geräte gekannt hat, ist nicht anzunehmen, wenn der Versicherer nicht bewiesen hat, dass derartige, subjektiv die Aufwertung eines Fahrzeugs dienende, Arbeiten in dem Bewusstsein einer unsorgfältigen und die Verkehrssicherheit herabsetzenden Ausführung abgeschlossen werden und wenn es an hinreichendem Vortrag dazu fehlt, dass sich der VN der Kenntnis der Mangelhaftigkeit arglistig entzogen hat (OLG Karlsruhe, Urteil vom 17.9.2013-12 U 43/13).
Vorsicht gegenüber dem Kaskoversicherer, wenn der Wagen gestohlen wurde!
Grundsätzlich kommt dem bestohlenen VN die Redlichkeitsvermutung zu Gute. Ist sie aber erschüttert und hat der VN keine über seine Angaben hinausgehenden Beweismittel für die Behauptung des Diebstahls erbracht, kann der Kaskoversicherer die Versicherungsleistung mangels Nachweises des Diebstahls ablehnen. Diese für die Beweiserleichterung beim Kfz – Diebstahls relevante Redlichkeit des VN ist in Frage gestellt, wenn er unrichtige, korrigierte oder ungenaue Angaben zum Versicherungsfall macht, die die zum Kerngeschehen des Diebstahls und für das eventuelle Wiederauffinden des KFZ notwendigen Angaben betreffen.
Diese Redlichkeit des VN ist erschüttert, wenn
- der VN den Preis, zu dem er das Fahrzeug erworben hatte, in der Schadensanzeige zu hoch angegeben hat;
- er zumindest anfangs ganz offensichtlich nicht bereit war, die unmissverständliche Frage nach dem Kaufpreis zu beantworten;
- er dem Schadenregulierer des Versicherers gegenüber nicht bereit war., Unterlagen zum Kauf des Fahrzeugs vorzulegen;
- ebenso nebulös bleibt, weshalb der VN in dem Formular des Versicherers auch einen Zeitwert des Fahrzeugs angegeben hat;
- der VN bei Übernahme des Fahrzeug einen unzutreffenden km-Stand in dem Vertrag hat beurkunden lassen
(OLG Naumburg, Urt. v. 07.03.2013 – 4 U 51/12)
Grobe Fahrlässigkeit beim Kfz-Diebstahl – Schmälerung der Kaskoleistung
Wird jemandem das Kasko – versicherte Kfz gestohlen, prüft der Versicherer (VR), ob er dem Versicherungsnehmer (VN) den Schaden ersetzen muss. Hier kommt es darauf an, ob dem VN ein anrechenbares Verschulden trifft. Hat der VN den Kfz – Diebstahl mit Vorsatz herbeigeführt, gibt es kein Geld. Handelte er grobfahrlässig, kann der VR die Versicherungsleistung kürzen. Ob der VN grobfahrlässig handelte und wenn ja, in welcher Höhe die Versicherungsleistung gekürzt werden darf, ist eine Frage des Einzelfalls. Und diese Einzelfallfrage ist oft schwierig zu beantworten, da es hierfür keine festen Größen von Gesetzesrang gibt. Darum kann es im Einzelfall richtig sein, die Entscheidung des VR gerichtlich überprüfen zu lassen.
So hat das OLG Koblenz dargelegt, dass es grob fahrlässig ist, wenn jemand während seiner Arbeit die Autoschlüssel in einem für die Allgemeinheit zugänglichen Raum aufbewahrt, obwohl ein abschließbarer Spind in einem abschließbaren Raum zur Aufbewahrung zur Verfügung gestanden hätte. In diesem Fall ist das Mitverschulden des VN beim Kfz – Diebstahl mit 50% anzunehmen (OLG Koblenz, Beschluss vom 14.05.2012 – 10 U 1292/11).
Das LG Bremen hat in einem ähnlichen Fall die grobe Fahrlässigkeit völlig ausgeschlossen. Dort wurde das KFZ gestohlen, weil der VN die Autoschlüssel während seines Tennistrainings in der Alltagskleidung belassen hatte, die in einem nicht abgeschlossenen und zudem unbeaufsichtigten Umkleideraum des Tennisvereins abgelegt wurde (LG Bremen, Urt. vom 20.01.1994 – 2 O 1548/93).